Listenkreuz mit Streichung von Einzelpersonen

Eine einfache Wahloption ist es, ein Kreuz bei einem Listenvorschlag zu machen, dabei aber einzelne Personen zu streichen, für die man nicht stimmen will.

Vorgehensweise seitens des Wählers

Der Wähler möchte generell nur für Kandidaten einer konkreten Liste (der Einfachheit halber der auf Listenposition 1) stimmen. Diese Liste enthält aber eine oder mehrere Personen, für die der Wähler aus dem einen oder anderen Grund nicht stimmen will. Das Hessische Kommunale Wahlgesetz erlaubt es in §18 (1) 5. KWG, einzelne Kandidaten zu streichen, indem der Name durchgestrichen wird. Für diese Kandidat_innen wird dann keine Stimme vergeben.

Konkretes Beispiel

Zur Wahl steht unter Anderem eine Partei auf Listenposition 1. Diese hat fünf Personen für die Wahl nominiert; bei der Wahl sind 7 Sitze zu vergeben. 

Bei dieser Option wird hinter den Namen des Wahlvorschlags auf Listenposition 1 ein Kreuz in den entsprechenden Kreis gemacht. Zusätzlich streicht der Wähler die ihm - egal aus welchen Gründen - nicht zusagenden Kandidat_innen auf der Positionen 1 und 3 der Liste A.

Ergebnis der Wählerstimme

Durch das Listenkreuz hat der_die Wähler_in alle verfügbaren Stimmen auf die gewünschte Liste vergeben. Die Stimmen werden der Reihe nach jedem Kandidat zugeteilt, sofern dieser nicht vom Wähler gestrichen wurde. Da die Listen nicht mehr Kandidaten enthalten dürfen, als Sitze zu vergeben sind, bekommt zunächst jeder “nicht-gestrichene” Kandidat eine Stimme.

Bei dieser Option enthält die verbliebene Liste per Definition weniger verbleibende Kandidaten als Sitze zu vergeben sind - im Beispiel enthält die Liste fünf Wahlvorschläge, nach Streichung nur noch drei, es sind aber 7 Sitze zu vergeben -, so werden die übriggebliebenen Stimmen von oben nach unten als zweite Stimme an alle nicht gestrichenen Kandidaten vergeben, bis alle Stimmen vergeben sind. Im Beispiel würden daher die drei nicht gestrichenen Kandidaten der Liste 1 zunächst eine Stimme erhalten (damit werden bei fünf Kandidaten mit zwei Streichungen 3 der 7 Stimmen "verbraucht”). Anschließend erhalten die drei Kandidaten alle eine zweite Stimme (die Stimmen “4-6”) und Kandidat_in 2 zuletzt die verbliebene 7. Stimme. 

Das Ergebnis wäre also B. Schulze (3), D. Franke (2) und E. Meier (2).

Besonderheiten

Enthält die Liste weniger Kandidat_innen als Sitze zu vergeben sind, so erhalten manche Kandidaten - in der Reihenfolge ihrer Listenplatzierung - mehr als eine Stimme. Kandidaten, die der Wähler gestrichen hat, enthalten garantiert keine Stimme durch diesen Wähler. In der Regel entfallen durch das Streichen von Kandidaten und damit die “Verkürzung” der Wahlliste damit mehrere Stimmen auf einzelne Kandidaten, in der Reihenfolge ihrer Listenposition von oben nach unten.

Beispiel 1 (teilweise zwei Stimmen)

wlLKS2

Der per Listenkreuz ausgewählte Wahlvorschlag enthält fünf Kandidaten für 7 zu vergebende Sitze. Der_Die Kandidat_in auf Positionen 1 wurde gestrichen. Zunächst erhalten die vier verbliebenen Kandidat_innen eine Stimme; die restlichen drei Stimmen werden auf die Kandidaten auf den Positionen 2-4 unter Auslassung der gestrichenen Position 1 zweite Stimme verteilt. 

Das Stimmergebnis lautet also B. Schulze (2), C. Schmidt (2), D. Franke (2), E. Meier (1); es wurden alle sieben Stimmen vergeben.

Beispiel 2 (teilweise drei Stimmen)

Enthält der Wahlvorschlag nach Streichung von Kandidaten weniger als 2/3, aber mindestens 1/3 so viele Kandidaten wie Sitze zu vergeben sind, wird analog verfahren. Hier erhält aber jeder Kandidat zwei Stimmen und einige Kandidaten sogar drei Stimmen. 

Der per Listenkreuz ausgewählte Wahlvorschlag enthält fünf Kandidat_innen für 7 Sitze. Zusätzliche wurden die Positionen 1 und 3 gestrichen, so dass drei Kandidat_innen verbleiben. Hier gehen bei einem Listenkreuz unter Berücksichtigung der Streichung zunächst zwei Stimmen an jeden Kandidaten der Positionen 2, 4 und 5 (= 3 x 2 = 6 vergebene Stimmen). Die restlichen Stimmen - hier nur eine - gehen an die ersten nicht gestrichenen Kandidaten der Liste; hier geht also die letzte Stimme an Position 2. 

Das Stimmergebnis lautet demnach B. Schulze (3), D. Franke (2), E. Meier (2); es wurden alle sieben Stimmen vergeben.

Beispiel 3 (verfallende Stimmen)

Enthält der Wahlvorschlag weniger als 1/3 so viele Kandidaten wie Sitze zu vergeben sind, so erhalten alle Kandidaten drei Stimmen. Die restlichen “überzähligen” Stimmen verfallen.

wlLKS3

Der per Listenkreuz ausgewählte Wahlvorschlag “Liste B" enthät drei Kandidaten für 7 Sitze; der Wähler hat aber die Position 3 gestrichen, so dass nur zwei Kandidaten verbleiben. Zunächst erhalten alle Kandidaten eine Stimme (= 2 Stimmen). Anschließend erhalten alle Kandidaten eine zweite (erneut 2, nun 4 Stimmen) und dritte Stimme (erneut 2, insgesamt also 6 Stimmen). Die restliche Stimme des Wählers verfällt, wenn keine Einzelkreuze bei Kandidaten anderer Listen gesetzt wurden (siehe “Panaschieren”). Mit dieser Option hat der_die Wähler_in also “Stimmen verfallen lassen”; es wäre möglich gewesen, zusätzlich durch Panaschieren die vier “übrigbleibenden” Stimmen manuell an andere Kandidaten zu verteilen. 

Das Stimmergebnis lautet hier F. Schulz (3), G. Meyer (3); es wurden nur sechs der sieben Stimmen vergeben.

Anwendung auf die konkreten Wahllisten für die Gemeindevertretung Mühltal

Wie bei der Methodik beschrieben, werden listenunabhängig im Beispiel jeweils die Kandidat_innen auf den zufällig bestimmten Positionen 1 und 9 gestrichen. Wie wirkt sich das auf die Auswertung des Listenkreuzes aus?

  • Liste 1 (CDU) hat 30, nach Streichung 28, Kandidat_innen. Zunächst erhalten alle Kandidat_en außer den gestrichenen Positionen 1 und 9 jeweils eine Stimme. Die verbliebenen 9 Stimmen werden an die ersten 9 nicht gestrichenen Kandidaten vergeben; dies sind die Postionen 2-8 sowie 10 und 11. Insgesamt erhalten die Positionen 2-8, 10 und 11 damit zwei Stimmen, die Positionen 12-30 jeweils eine. Die Kandidat_innen an Position 1 und 9 erhalten keine Stimme.
  • Liste 2 (SPD) hat 17, nach Streichung 15, Kandidat_innen. Hier erhalten zunächst alle 15 verbliebenen Personen jeweils 2 Stimmen. Die restlichen 7 Stimmen gehen an die ersten 7 nicht gestrichenen Personen, dies sind die Positionen 2-8 der Liste. Insgesamt erhalten die Kandidat_innen an Position 2-8 drei Stimmen, die an Position 10-18 jeweils zwei Stimmen. Die gestrichenen Kandidat_innen an Position 1 und 9 erhalten keine Stimme.
  • Liste 3 (Bündnis 90/Die Grünen) hat 14, nach Streichung 12, Kandidat_innen. Hier erhalten alle nicht gestrichenen Kandidat_innen - also außer den gestrichenen Positionen 1 und 9 - jeweils drei Stimmen, insgesamt also 36 Stimmen. Die letzte Stimme verfällt, da Kandidat_innen nicht mehr als drei Stimmen erhalten dürfen und es keine weiteren Kandidat_innen auf der Liste gibt. Hier wäre ein Panaschieren mit einer Stimme für ein Person einer anderen Liste also potenziell sinnvoller.
  • Liste 4 (Die Linke) hat 12, nach Streichung 10, Kandidat_innen. Die nicht gestrichenenen Kandidat_innen erhalten jeweils drei Stimmen (Nutzung von 30 Stimmen). Die restlichen sieben Stimmen verfallen, da Kandidat_innen nicht mehr als drei Stimmen erhalten dürfen und es keine weiteren Kandidat_innen auf der Liste gibt. Hier wäre ein Panaschieren mit einer Stimme für ein Person einer anderen Liste also potenziell sinnvoller.
  • Liste 5 (FDP) hat 15, nach Streichung 13, Kandidat_innen. Die nicht gestrichenen Kandidat_innen erhalten zunächst jeweils zwei Stimmen (=26 genutzte Stimmen). Die restlichen 11 Stimmen gehen an die elf ersten nicht gestrichenen Kandidat_innen, d.h. an die Positionen 2-8 sowie 10-13. Diese erhalten also drei, die anderen nicht gestrichenen Kandidat_innen zwei, Stimmen.
  • Liste 6 (Die Mühltaler) hat 14, nach Streichung 12, Kandidat_innen. Hier erhalten alle nicht gestrichenen Kandidat_innen - also außer den gestrichenen Positionen 1 und 9 - jeweils drei Stimmen, insgesamt also 36 Stimmen. Die letzte Stimme verfällt, da Kandidat_innen nicht mehr als drei Stimmen erhalten dürfen und es keine weiteren Kandidat_innen auf der Liste gibt. Hier wäre ein Panaschieren mit einer Stimme für ein Person einer anderen Liste also potenziell sinnvoller.
  • Liste 7 (FUCHS Mühltal) hat 21, nach Streichung 19, Kandidat_innen. Hier erhalten zunächst alle nicht gestrichenenen Kandidat_innen eine Stimme. Anschließend erhalten alle nicht gestrichenen Kandidat_innen außer der letzten Person eine zweite Stimme (Vergabe von 18 Stimmen). Insgesamt haben damit die Positionen 2-8 sowie 10-20 jeweils zwei, Position 21 nur eine Stimme. Wie immer erhalten die Personen an Position 1 und 9 keine Stimme.
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